Computer, die wie Menschen agieren, dazulernen und komplexe Probleme in Sekundenschnelle lösen können: Künstliche Intelligenz kommt bereits in vielen Bereichen erfolgreich zum Einsatz. Auch Banken setzen immer mehr auf künstliche Intelligenz und Machine Learning, um Prozesse zu optimieren und ihren Kunden maßgeschneidertes Banking anbieten zu können.
Multi-Channel im Kundenservice: Sprachassistenten und Chatbots erobern die Herzen
Kunden erwarten heute schnelle Reaktionen vom Kundenservice und die Möglichkeit zwischen unterschiedlichen Kanälen in der Kommunikation mit ihrer Bank wählen zu können. Je nach Nutzertyp und Anliegen steht den meisten Bankkunden Telefon, E-Mail oder das Kontaktformular auf der Internetseite zur Verfügung. Alle diese Kanäle haben eins gemeinsam: Am anderen Ende der „Leitung“ sitzt ein Mensch, der die Anfragen beantwortet.
Als Ergänzung zum telefonischen Kundenservice werden in einigen Banken bereits Chatbots genutzt, um Kundenanfragen in Echtzeit zu beantworten. Ob „Herbie“ in der DKB oder IBMs „Watson“ bei der Consorsbank: Die digitalen Assistenten befinden sich noch in der Testphase und können lediglich allgemeine Fragen zu Produkten und Finanzthemen beantworten. Denn: Vor dem Start eines Chatbots werden diese vom Menschen „trainiert“, und so mit Daten, Fragen und Antwortmöglichkeiten gefüttert. Schließlich muss der digitale Assistent dazu in der Lage sein, unabhängig von der Formulierung des Kunden eine Absicht zu erkennen und die entsprechende Hilfestellung zu geben. Durch Interaktionen lernt der intelligente Chatbot hinzu und kann die Antworten kontinuierlich optimieren.
Für die Zukunft ist denkbar, dass der digitale Assistent nicht nur Fragen beantwortet, sondern auch Prozesse anstößt: die Beantragung einer neuen Kreditkarte oder die Bestellung einer Ersatz-PIN bei Verlust beispielsweise. Dennoch gilt: Chatbots können und sollen die „echten“ Mitarbeiter im Kundenservice nicht ersetzen, sondern lediglich unterstützen und entlasten. Die Bearing-Point-Studie „Mensch & Maschine im Kundenservice“ zeigt, dass fast drei Viertel der Endverbraucher die Möglichkeit des persönlichen Kontakts mit einem Servicemitarbeiter für sehr wichtig bis wichtig halten. Nur 23 Prozent können sich demnach mit einer durchweg digitalen Kommunikation im Kundenservice anfreunden.
Datenanalyse für individuelle Beratung und passgenaue Angebote
Die Entwicklung im Bereich KI bietet, über die Vorteile für den direkten Kundenservice hinaus, weitere Ansätze für die Kundenansprache. Bewegt sich ein Kunde auf der Internetseite, um sich zu informieren, kann im Hintergrund die künstliche Intelligenz der Banken arbeiten und dem Kunden nur die für ihn relevanten Informationen zeigen. Solche personalisierten Webseiten erstellt etwa das Unternehmen Adtelligence. Je nachdem über welches Endgerät, zu welcher Uhrzeit oder an welchem Ort ein Kunde auf die Internetseite zugreift, werden gezielt die richtigen Inhalte mit passenden Produkten angezeigt. Das erhöhe die Kundenzufriedenheit und somit auch die Wahrscheinlichkeit eines Vertragsabschlusses (Quelle: Handelsblatt, 03.08.2018).
Mit Einwilligung der Kunden könnten bereits vorhandene Daten besser ausgewertet und für noch individuellere Produktangebote und Dienstleistungen verwendet werden. Registriert die KI zum Beispiel, dass ein Kunde im Ausland Bargeld abhebt, könnten ihm Versicherungsinformationen oder Mietwagenrabatte für den Urlaubsort per Push-Benachrichtigung aufs Smartphone gesendet werden. Eine Bank testet ein intelligentes System, das umfassende Informationen aus der Presse zu hauseigenen Unternehmenskunden sammelt. Basierend auf der Nachricht, dass ein Unternehmen beispielsweise einen Standort in China aufbauen möchte, könnte die Bank – mit vorheriger Zustimmung des Kunden – gezielt Beratungsleistungen rund um den internationalen Zahlungsverkehr oder zu möglichen Geschäftspartnern in China anbieten.
Mit dem Robo-Advisor zum richtigen Aktienportfolio
Für Verbraucher war der Zugang zum Aktienmarkt lange nur über Kreditinstitute oder Börsenmakler möglich. Mit Hilfe eines sogenannten Robo-Advisors kann nun jeder Kunde ein Aktienportfolio besitzen, meist bereits ab einem geringen Investitionsbetrag und gegen eine schmale Gebühr. Robo-Advisor sind vollautomatisierte Programme, die Geld nach standardisierten Formeln und der Risikobereitschaft des Kunden an Kapitalmärkten anlegen. Häufig übernimmt ein Algorithmus die Erstellung sowie die laufende Überwachung und Anpassung der Portfolios. Dahinter steckt nur indirekt ein Mensch, denn die Anbieter der Robo-Advisor handeln nicht mit dem Geld der Anleger, sondern schreiben schlicht die Algorithmen zur Steuerung des Anlageportfolios. Eine Vision für die Zukunft ist, dass der Robo-Advisor zu einem tatsächlichen Anlageberater wird. Statt lediglich ein passendes, bereits vorgefertigtes Portfolio für den Kunden auszuwählen, soll die künstliche Intelligenz später einmal den Kunden so genau kennen, dass er ihn aktiv bei Anlageentscheidungen unterstützen und beraten kann.
Interne Prozessoptimierung entlastet Mitarbeiter
Vor etwa zwei Jahren hat BNP Paribas ein Data Science and Artificial Intelligence Lab eingerichtet. In diesem Forschungszentrum arbeiten Datenwissenschaftler, Entwickler und Webdesigner daran, das Potenzial der künstlichen Intelligenz zu erforschen. Ihre Entwicklungen werden in Form von Programmierschnittstellen (APIs) in die Praxis umgesetzt. Das Zentrum hat bereits praktische Anwendungen hervorgebracht. Dazu gehört ein automatisiertes System zur Vertragsanalyse, das es ermöglicht, Verträge mit einer Länge von bis zu 150 Seiten in Sekundenschnelle zu „lesen“ und zu verstehen. Für die Mitarbeiter, die für die Sicherstellung der Compliance dieser Dokumente zuständig sind, bedeutet das eine enorme Zeitersparnis.